Mission-Logfile 41, Sternzeit 23880313
The Borg 3 –… and either victory, or else a grave

Bericht von PO Valeris, Abteilung Science


Pers. Tagebuch: Endlich! Ein bißchen Ruhe, eine Badewanne mit heißem Wasser, Kerzenlicht, ein Glas Wein und Mozart im Hintergrund. Und die Aussicht auf Schlaf. Richtigen, langen, erholsamen Schlaf, nicht diese zusammengeklaubten Minuten, in denen man bei jedem Geräusch hochschreckt, aus Angst, daß die Borg schon um die nächste Ecke biegen oder in dem Wissen, daß der nächste Einsatz unmittelbar bevorsteht. Ich glaube, das ist auf Dauer das Kräfteraubendste in unsicheren Zeiten: der permanente Schlafmangel, weil es einfach nicht sicher ist, zu schlafen.
Es ist kaum zu glauben, daß das ganze Chaos gerade einmal vier Tage gedauert hat. Vier Tage reichen aus, um die eigene Welt zu gefährden und die Welt eines anderen Reiches zusammenbrechen zu lassen. Es fühlt sich an wie ein Jahr. Aber wenn in vier Tagen so viel passiert verschwimmen die Stunden und irgendwann fühlt es sich an, als sei das ganze Leben nur noch Chaos, schon immer gewesen und als würde man auch nie wieder aus diesem Chaos herausfinden. Bis man eben in der ersehnten Badewanne liegt und das, was von den vier Tagen übrigbleibt sich anfühlt wie ein Alptraum, aus dem man soeben mit Erleichterung aufwacht und langsam wieder ins Leben zurückfindet. In dem Bewußtsein, daß es für andere noch lange kein Erwachen geben wird...aber jetzt werde ich pathetisch.

Die Tereshkova kann uns endlich an Bord nehmen.
Die folgenden Stunden vergehen in einem Wirrwarr von medizinischen Untersuchungen, dem hektischen Umbau  einer wenig genutzten Sektion auf der Tereshkova, um unsere Crew mitsamt Arbeitsmaterial dort unterzubringen, dringend benötigten Hygienemaßnahmen und der Begrüßung unserer vermißten Crewmitglieder, die auch anderthalb harte Tage auf dem Planeten hinter sich haben, immer auf der Flucht vor den Borg. Die schweren Fälle von Verletzungen landen auf der Krankenstation, so auch der Captain und O‘Connor. Beim Captain werden die Mediziner alle Hände voll zu tun haben, um ihn wieder zu einem Menschen zu machen und bei O’Connor scheint die Nanosondenbelastung doch besorgniserregend hoch zu sein.

Mein kleiner wissenschaftlicher Stab ist endlich wieder vollzählig, McTavish scheint die Strapazen ohne bleibende Schäden überstanden zu haben, so wie auch Biggarth und ich. Wir versuchen uns, in dem hastig errichteten Wissenschaftslabor zurechtzufinden. Dieses Schiff ist verflixt groß, gut, daß der Bereich, der für uns eingerichtet wurde, übersichtlich ist. Es ist gut, die eigenen Leute um sich zu haben. Immer noch geistern mir die verbliebenen zwei Zivilisten im Kopf herum, Mutter und Kind, die sich hoffentlich immer noch in den Höhlen verstecken. Ich habe Angst, daß sie in den Wirren vergessen werden und hake deshalb vermutlich einmal zu oft nach. Ich kann mir ja denken, daß jeder hier gerade Wichtigeres zu tun hat aber mehr als immer mal wieder nachzufragen und die Listen von Geretteten zu durchforsten kann ich nicht tun.

Wir warten auf ein Briefing durch die Besatzung der Tereshkova und ihren Captain Hunter.
Im selben Maß, wie die Zeit in Muße vergeht steigt unsere Anspannung.
Wie wird es weitergehen? Was treiben die Borg mit ihrem Transwarpgate?

Endlich treffen wir uns mit Captain Hunter im Besprechungsraum. Die Zeit drängt, er wird versuchen, unsere Crew als Taskforce zusammen zu lassen. Never change a winning team...Seine Leute werden uns einweisen. Wie üblich prasseln Namen und Ränge nur so auf uns ein, schwierig, sich das alles zu merken, nur ein paar Namen bleiben hängen. Leclerk von der Taktik, Dr. Steininger, der Leiter der Wissenschaft, Fähnrich Lenn, der Pilot, Dr. Telur die vulkanische Leiterin der Medizin. Hunters erster Offizier Tanaka ist verletzt, also wird McPherson kurzerhand zum XO ernannt und dient gleichzeitig als Verbindungsglied zwischen der Crew der Tereshkova und unserem kleinen Haufen. Strakovic von der Sicherheit kommt mir bekannt vor, irgendwoher kenne ich die Frau, die Frisur ist zwar anders aber das Gesicht...Der Technikchief, ein ziemlicher Gigant namens Köhler, bei dem sich mir augenblicklich das Bild aufdrängt, wie er in einer Jeffriesröhre steckenbleibt, zählt die Schäden der Tereshkova auf, und das sind nicht wenige. Vor allem ein Riß in der Warpspule wird uns große Probleme bereiten, auch die Energieleitungen sind überlastet und was weiß ich was noch für ein weiterer technischer Schwurbelkram anliegt, der nicht so arbeitet wie er soll. Zusammenfassung für Laien: Das Schiff funktioniert, aber es scheint ein wenig daherzuhinken.

Da sich die Tereshkova darauf vorbereitet hat, große Mengen an Flüchtlingen aus dem romulanischen Imperium aufzunehmen wurde das Schiff nur mit einer Rumpfcrew losgeschickt und ist jetzt chronisch unterbesetzt – weswegen unsere Leute, fern davon hier fünftes Rad am Wagen zu sein, überall mit anpacken können. Die OPS hat die Sternenflottenführung erreicht und wir warten auf Befehle. Ein Team wurde zur EchoPapa-Station auf Minos geschickt, die Borg scheinen darauf noch keinen Zugriff zu haben. Unser dringendstes Problem ist das Transwarpgate, das die Borg als schnellste Reisemöglichkeit nutzen werden und das momentan von einem starken Schild geschützt wird. Wir haben nur noch die Zeit, die unser Flug dorthin in Anspruch nehmen wird, um eine Lösung herbeizuführen, wie wir die Ankunft der Borg zumindest verzögern können, denn einen Angriff auf das Tor können wir alleine ohne den Rest unserer Flotte nicht wagen. Und bis die eintreffen müssen wir alles tun, um die Ankunft der Borg zu sabotieren.

Pers. Tagebuch: Unmögliches bitte sofort, Wunder dürfen etwas länger dauern.
Als Stakovic endlich einmal den Mund aufmacht, um über den Sicherheitszustand des Schiffes zu berichten kommt mir die Erleuchtung, woher ich die Dame kenne, kaum daß die ersten abgehackten Silben zwischen ihren Lippen explodieren. Die Domina aus dem Spiegeluniversum! Entschuldigung, ich meine, die Politoffizierin der Imperatorin. Sie sieht nicht nur so aus, sie redet sogar genauso. Fehlt nur noch die eng anliegende Kleidung und die Reitpeitsche. Und es bleibt nicht aus, daß sich in meinem Hinterkopf die leise Paranoia meldet. An Nabaars plötzlichem Erstarren merke ich, daß sie es gerade ebenfalls gemerkt hat. Kein Wunder, sie hatte damals als direkte Gehilfin am meisten unter der grauenhaften Person zu leiden. Ich kann nur hoffen, daß diese Strakovic hier erträglicher ist. Vorausgesetzt, sie ist es überhaupt...aaaach, komm schon, wir haben doch echt genug Probleme, was soll das denn jetzt?

Mit leichtem Amüsement beobachte ich, wie zwischen Steininger und Strakovic altbekannte Animositäten aufflammen, die Tradition, daß sich Wissenschaft und Security gerne mal in die Haare bekommen scheint es hier auch zu geben. Ich bin ganz froh, daß das in unserer Crew Geschichte ist. War. Sein wird. Falls wir noch eine Crew haben werden, wenn das alles hier vorbei ist.

Das Transwarpgate wird von einem Schild geschützt, ein direkter Angriff ist nicht möglich. Wir müssen also eine Möglichkeit finden, es über den Subraum anzugreifen. Das ist ja genau mein Fachgebiet...nicht! '

Dr. Steininger bringt wieder den Vergleich vom Subraum als einem reißenden Fluß, dessen Strömungen zum schnellen Reisen benutzt werden können, wenn man nur über die technischen Möglichkeiten verfügt, sich tief genug ins Subraumfeld vorzuarbeiten. Zumindest ist das Bild so einigermaßen verständlich, auch wenn ich von Subraumtechnologie und Warpreisen so viel verstehe wie eine Kuh vom Schlittschuhlaufen…

Was folgt ist der übliche Zusammenschluß von Wissenschaftlern, OPS und Technikern, die alle erregt durcheinanderdiskutieren, Ideen in den Raum werfen, wieder in den Müll kippen, auf Verbote durch diverse Abkommen hinweisen, die es zum Beispiel untersagen, im Subraum mit isolytischen Bomben herumzuspielen, in alten Logfiles herumkramen um Referenzen auf ähnliche Probleme zu finden und deren Synapsen anfangen zu glühen, bis so eine Art Plan vorliegt, bei dem mal wieder keiner sagen kann, ob er funktionieren wird oder nicht, weil die Zeit fehlt, um alle kritischen Punkte  zu verifizieren.

„Make an educated guess!“, Danke, manchmal habe ich das dumpfe Gefühl, wir tun nie etwas anderes

Wenn man vom Subraum als einem Fluß spricht, in den mit Hilfe eines Transwarpgates eine Art Kanal als Seitenausgang gebohrt wird, damit Reisende dort aussteigen können, dann wird es verständlich, wenn ich sage, daß wir versuchen werden, mit Hilfe von Druck auf der einen und Zug auf der anderen Seite den Kanal zu verbiegen, damit die Strömung umzuleiten und die Borg somit um den Ausgang herumflutschen lassen wie auf Stromschnellen, ehe sie noch kapiert haben, daß sie gerade am Ausgang vorbeigetrieben wurden. Bis sie dann einen neuen Einstieg gefunden und sozusagen umgedreht haben, haben wir hoffentlich die nötige Zeit gewonnen.

Nebenbei muß noch das Schiff wieder so instandgesetzt werden, daß es imstande ist, den Anforderungen nachzukommen.

Privates Tagebuch: Kassabyan und Ionescu müßten sich eigentlich vierteilen, um alles zu schaffen, McTavish wühlt sich mit Nabaar durch die Bestände, um irgendwo das passende Material für modifizierte Torpedos aufzutreiben, damit mikroschwarze Löcher erzeugt werden können, Biggarth errechnet zahllose Varianten von nötigen Kräften, die auf den Subraum wirken müßten und ich komme mir, abgesehen davon, daß ich versuche zu koordinieren und Informationen hin und herzutragen, so überflüssig wie ein Kropf vor. Wann wurde eigentlich das letzte Mal biologisches bzw. archäologisches Fachwissen gebraucht? Keine Ahnung. Aber vielleicht gehört das zum Offiziersdasein dazu, das ich irgendwann anstrebe: Zu wissen, daß die eigenen Leute die Probleme viel besser bewältigen können und lediglich dafür zu sorgen, daß sie wissen, was sie zu tun haben. Was sie selber eigentlich ganz genau wissen.
Ob ein Captain auf seiner Brücke sich ebenfalls irgendwann vorkommt wie ein Kropf in dem Wissen, daß seine Leute so gut funktionieren, daß sie auch alleine alles im Griff hätten? Wäre mal interessant zu erfragen...Da drängt sich doch glatt die Frage auf, ob man nicht irgendwann auf Offiziere sehr gut verzichten könnte. Oder auf einen Captain. Allerdings vermutlich erst dann, wenn die Menschen gelernt haben, den Mund  zu halten und sich in allem einig zu sein und da das glücklicherweise nie passieren wird – wie gähnend langweilig wäre das denn? – kann ich trotzdem versuchen Offizier zu werden.
Mittlerweile ist bekannt, daß ein Asteroid, ein kleiner Mond, der vor dem Transwarpgate schwebt, die Quelle des metaphasischen Schutzschildes ist.
Hunter hat uns anderthalb Stunden gegeben, um eine Lösung zu realisieren, die die  Ankunft der Borg zu verzögern imstande ist. Das schaffen wir nicht ganz aber ich hoffe, er hat uns ein kleines Zeitfenster gelassen.
Nur kein Druck.
Die Köpfe rauchen an allen Fronten aber schlußendlich sieht unser Ansatz folgendermaßen aus:
Das romulanische Schiff, das sich noch bei uns befindet soll eine Warpblase erzeugen, mit der wir imstande sind, so nahe wie möglich an den Subraumfluß heran zu kommen. Die Tereshkova ist derzeit dazu außerstande. Dann soll die Tereshkova über die Deflektorschilde Druck auf den angenommenen Subraumkanal ausüben. Zeitgleich wird eine Sonde dorthin geschickt, wo wir anhand von Daten der USS Voyager sozusagen das andere Ufer des Kanals vermuten, bestückt mit modifizierten Torpedos. Sie tragen Fusionsbomben mit schwerem Material, die mikroschwarze Löcher in den Raum reißen sollen, damit dort der nötige Sog ausgeübt wird. Mit Druck auf der einen Seite und Sog auf der anderen, sollte sich der Subraum verbiegen. Und wenn der Zeitpunkt so getimt werden kann, daß es durch Druck erst zu einer Verengung kommt und dann durch das plötzliche Auftauchen mikroschwarzer Löcher zu einem plötzlichen Sog, gibt es hoffentlich genug Verwirbelungen, damit die eintreffenden Borg einfach vorbeigerissen werden. Ich hoffe, ich habe auch nur ansatzweise richtig wiedergegeben, was unsere Leute da zusammengetragen haben. Wenn, sollte, hätte, könnte…bei diesen improvisierten Plänen kann soviel schiefgehen und muß so viel erraten werden, daß ich mich frage, wann uns etwas Derartiges mal um die Ohren fliegt.

Aber uns läuft die Zeit davon. Die Borg auf dem Planeten könnten auf die Idee kommen, uns zu behindern und zu entern, sollten sie darauf kommen, was wir vorhaben. Mittlerweile dürfte – egal was wir tun – den Borg klargeworden sein, daß das nie zu ihren Gunsten ist und dementsprechend dürften sie die Gleichgültigkeit des Überlegenen uns gegenüber aufgegeben haben. Javert stellt eine Taskforce zusammen, falls die Borg angreifen. Bestehend aus ihr selbst, Kane, Strakovic, Kassabyan, McTavish und mir. Schließlich brauchen sie wieder jemanden, der die Phaser mithilfe von Kassabyans Wunderapparat moduliert und McTavish und ich können das mittlerweile mit geschlossenen Augen. Wir haben die letzten Tage ja kaum etwas anderes gemacht.
Der Rest der Crew führt den Plan durch und...äh...ja, natürlich werden fast augenblicklich Borg im Hangar gemeldet. Und wieder sitze ich irgendwo mitten im Gefecht und versuche mich auf das einzig Sinnvolle zu konzentrieren, das ich beisteuern kann und bloß nicht zu genau hinzusehen, was diese schwarz glänzenden Panzergestalten da vor meiner Nase treiben. Es geht glimpflich aus, wir treiben sie zurück. Wieder einmal.

Und der Plan scheint funktioniert zu haben – die Borgschiffe sind im Subraum glatt an der Torposition vorbeigesaust, was uns zumindest Zeit erkauft hat und uns ein Lob von Captain Hunter einbringt.

Bei den Torpedos auf der Sonde wäre fast noch im letzten Moment etwas schiefgegangen, Kassabyan mußte hastig irgendwelche Einstellungen korrigieren, obwohl davor alles richtig zu sein schien.
Die kleine Paranoia meldet sich noch einmal in meinem Hinterkopf und damit ich es los bin lasse ich Javert zumindest die Information über Stakovics Spiegelpersönlichkeit und eine mögliche, soeben erfolgte Sabotage der Torpedos zukommen. Ja, nichts spricht für eine Sabotage und ich glaube selbst nicht daran, daß diese Stakovic hier tatsächlich die andere sein könnte – das wäre völlig hirnrissig, aber melden macht frei und jetzt, da ich diesen Blödsinn bei der passenden Stelle losgeworden bin braucht es mich nicht mehr  zu kümmern.

Laut Funks Analyse müßte der metaphasische Schild des Tores zu durchbrechen sein, wenn man mit 7-8 unterschiedlichen Schiffen unterschiedlicher Technik und Frequenzen darauf schießt. Angeblich soll sich der Schild nicht auf so viel Unterschiedliches gleichzeitig einstellen können. Das würde uns zumindest ermöglichen, auf den Mond vorzudringen – vorausgesetzt, wir finden vorher eine Möglichkeit, seine Energiequelle, den Kern aus isotopischem Material zu zerstören und damit das Tor ohne Schutz zurückzulassen.
Was nichts anderes bedeutet, als daß wir uns sofort auf den Weg machen müssen, um mit allen verfügbaren Fraktionen zu verhandeln, damit sie uns die nötige Hilfe und Schiffe geben.

Im Klartext gesprochen: Mit den Romulanern (deren Imperium soeben von einer Supernova zerstört wurde und die darüber weder glücklich noch erhaben sind, irgendeinen Schuldigen zu suchen) und mit den Klingonen (die sich mit den Romulanern nicht wirklich gut vertragen – euphemistisch ausgedrückt!).
Zwei Teams werden zusammengestellt, eines soll in ein nahegelegenes Flüchtlingslager der Romulaner, weil sich dort angeblich jemand befindet, der uns helfen kann, das andere soll zu den Klingonen und versuchen, zu jemandem aus dem Hohen Rat vorgelassen zu werden um unser Anliegen vorzubringen.
Ich werde ins Team eingeteilt, das zu den Romulanern soll, gemeinsam mit Javert, Tela, Kassabyan und Newton als Medic.
Fähnrich Nabaar, Funk und Miraj werden zu den Klingonen geschickt. Der Rest der Crew soll auf der Tereshkova an der endgültigen Lösung arbeiten, wie man einen Asteroiden hochjagt. Dafür sind McTavishs und Biggarths Expertise gefragt.

Pers. Tagebuch: Das ist jetzt echt nicht wahr, oder? Ich knabbere immer noch daran, daß ich WEISS, daß dem romulanischen Volk etwas Grauenhaftes zugestoßen ist und daß ich mich trotzdem außerstande sehe, etwas mehr als das durchschnittliche Mitgefühl aufzubringen, das eher davon rührt, daß ich weiß, eine solche Supernova hätte jede Zivilisation treffen können. Daß mir aber das Leid und Elend, das dadurch hervorgerufen wird aus menschlicher Sicht betrachtet einfach nicht nahe genug geht. Und ich bin schlicht unfähig zu erkennen, ob das ein Schutzmechanismus ist oder eine Art Gehässigkeit gegenüber den Romulanern, die ich immer noch pauschal nicht leiden kann. Ein kleiner, häßlicher Teil in mir versucht immer zu flüstern, daß es ihnen Recht geschieht, für ihre Verachtung, ihr rigides, ungerechtes System, die Mißhandlungen in ihren Gefängnissen und Internierungslagern, die bloße Existenz solcher Lager...oh, ca m‘emmerde. Quel bordel!
Und gleichzeitig schäme ich mich für diese Gedankengänge, weil sie so unmenschlich und widerlich sind.

Tja, jetzt darf ich also in ein Flüchtlingslager, bekomme das ganze Elend mundgerecht serviert und darf mich um ihre Probleme kümmern, damit sie anschließend geneigt sind, uns ihre Schiffe zu leihen, damit wir eine Bedrohung ausschalten können, die nicht nur ein Volk, sondern schlicht das gesamte Leben im Alphaquadranten vernichten wird. Wenn das nicht reicht, um mein Mitgefühl zu erwecken, dann wohl nichts mehr. Und warum halte ich es dann eher für eine Zumutung, daß man vor den Romulanern überhaupt noch mehr guten Willen beweisen muß? Das ist ein hastig errichtetes Auffanglager der Sternenflotte, verdammt nochmal. Wir tun so etwas. Weil wir Menschen sind. Und nicht weil wir uns in erster Linie etwas davon erhoffen. Weil Hilfeleistung selbstverständlich sein sollte. Weil jeder eines Tages Hilfe braucht. Weil wir allein verloren sind. Wieso gibt es immer noch Völker, denen man so etwas erklären muß? Es ist frustrierend. Die Romulaner sind frustrierend!


Da wir in ein Krisengebiet fliegen, freundlicherweise mitgenommen von Captain Re‘Tan, dem Kommandanten des romulanischen Bird of Prey, packen wir nach einem hastigen Brainstorming alles ein, was bekannterweise in einem Flüchtlingslager immer am dringendsten fehlt: Nahrung, Medikamente, Decken, Wasserfilter, technisches Equipment, Licht- und Wärmequellen.
Wir werden an Bord des romulanischen Schiffs kaserniert und bringen ein paar Stunden Flug hinter uns, was uns zumindest ermöglicht, ein paar dringend benötigte Stunden Schlaf zu bekommen. Wieder ist es nicht der tiefe, erholsame Schlaf sondern nur der hastig zusammengeraffte, den sich der Körper aus schierer Notwendigkeit und Erschöpfung holt, damit er nicht zusammenklappt.

Das Flüchtlingslager liegt im Föderationsraum nahe der Grenze zur neutralen Zone, auf dem Planeten Caldar. Es ist eines dieser hastig errichteten Auffangzentren, das mit den üblichen Kinderkrankheiten zu kämpfen hat. Zu viele Leute auf zu engem Raum, teils traumatisiert, teils einfach nur wütend, aber garantiert ist niemand glücklich. Der Lagerleiter Westham scheint nicht inkompetent aber naturgemäß überfordert. Die technischen Installationen, allen voran die Wasserversorgung, sind unzureichend und störanfällig, das Essen besteht aus Notrationen, die natürlich nicht auf romulanische Bedürfnisse zugeschnitten sind – wie denn auch – aber mehr ist in den knapp drei Tagen seit der Katastrophe kaum zu erwarten.
Kaum sind wir eingetroffen, stolpern wir im Büro des Lagerleiters über Senator Tin‘Sath und seinen Adjutanten Juketh. Merkwürdig, daß die sich hier aufhalten, ein Senator verfügt doch garantiert über andere Mittel, eine Krise  zu überstehen. Und kaum haben wir uns begrüßt, meldet sich Captain Retan und warnt uns vor einem Haftbefehl gegen den Senator wegen Diebstahls und Veruntreuung von Gütern. Tatsächlich sind Vorräte aus den Lagerhallen verschwunden aber der Lagerleiter hat so viel mit den anfallenden Problemen zu tun, daß er sich außerstande sieht, mehr  zu leisten. Ganz nebenbei trinken die Romulaner verseuchtes Wasser, die ersten Krankheiten breiten sich aus, die Wasserversorgungsanlage ist ein schlechter Witz und die Romulaner schwanken zwischen erzwungen höflicher Dankbarkeit und arroganter Unzufriedenheit über die für dieses ach so stolze Volk unzumutbaren Verhältnisse. Wir tun was wir können.

Pers. Tagebuch: Ich springe sogar über meinen Schatten und lasse mich auf ein Gespräch mit einer der Frauen ein, bei der ich versuche, ein bißchen Verständnis für ihre Lage zu zeigen und mich erkundige, was ihrer ganz privaten Meinung nach am dringendsten gebraucht wird. Nicht, daß ich tatsächlich in der Position bin, große Dinge zu bewegen, außer, daß ich weiteres Hilfsgut auf die Liste setzen lasse, aber sie überrascht mich einigermaßen damit, daß sie um Unterrichtsmaterial und Spielzeug für die Kinder bittet. Das ist eine dermaßen menschliche Bitte, daß ich dem zumindest ohne Probleme stattgeben kann. Zumal Derartiges leicht repliziert werden kann. Auch wenn romulanische Kinder anderes Spielzeug bevorzugen als menschliche; gelangweilte Kinder bedeuten immer Streß für alle. Und zumindest scheint diese eine Frau eine gewisse Dankbarkeit für mein (zugegeben vorgeschobenes) Interesse zu empfinden.

Diplomatie 1, setzen!


Javert macht sich daran, den verschwundenen Gütern nachzujagen – schließlich muß der Senator entlastet werden, denn wenn die Romulaner ihn einkassieren kann er uns keinesfalls helfen. Sein Adjutant ist lästig wie immer und mischt sich überall ein. Jedesmal, wenn ich vor diesem Mann stehe fühlt es sich an, als müsse ich mich vor einem Großinquisitor persönlich verantworten. Jedes noch so nichtige Gespräch, das mit einem anderen einfach nur eine höfliche Plauderei wäre wird zur peinlichen Befragung.

Pers. Tagebuch: Mon Dieu, fragt der mich doch, warum wir eigentlich helfen und ich versuche es ihm mit all dem zu erklären, was uns Menschen ausmacht. Dabei wartet er die ganze Zeit nur darauf, daß er mir auf den Kopf zusagen kann, daß wir ja offensichtlich eine Gegenleistung erwarten. Die Tatsache, daß ohne jede Hilfe, die wir bekommen können bald nichts mehr existieren wird, läßt er nicht gelten. Kann man überhaupt noch von Hilfe sprechen, wenn es um die schlichte Existenz aller geht? Ist Juketh unfähig zu solchem Denken oder muß er sich die Welt immer logisch erklären, weil er sonst nichts mehr versteht? Aber bitte, wenn es diesem Mann hilft, das Universum als nichts anderes als eine Folge von Actio und Reactio zu begreifen, selbst in den geringsten Handlungen, dann soll er das tun.

Als er mich wiederholt fragt, „Aber warum helfen Sie?“ kann ich nicht anders als mit einem “Wissen Sie, gerade jetzt frage ich mich das auch!“ zu antworten.

Diplomatie 6, setzen!

Und der Senator, der meinem Verhör stumm beigewohnt hat, grinst innerlich, das könnte ich beschwören.


Javert läuft unterdessen zu Hochform auf und ermittelt, befragt Zeugen und treibt schließlich einen romulanischen Techniker in die Enge, dem sie nachweisen kann, das Kraftfeld um die Lagerbestände in Halle 37 gesenkt zu haben.

Pers. Tagebuch: …weil ihn Senator Tin‘Sath bestochen hat, ihm diesen Gefallen zu tun. Pikantes Detail!

Der Techniker knickt aber erst zusammen, als sie ihm den Unterschied zwischen Föderationsstrafmaß und romulanischem Strafmaß klarmacht und die Vorzüge eines Rechtssystems betont, das im Zweifel für den Angeklagten spricht, Anwälte nicht als bloße Dekoration zuläßt und mildernde Umstände kennt. Als ich aus dem Hintergrund mein mageres Rechtswissen zusammentrage und ihm erkläre, daß ihm wegen Diebstahls, der vielleicht sogar auf Mundraub reduziert werden kann, bei Mithilfe bei der Aufklärung, Geständigkeit und Reue vielleicht nur eine Bewährungsstrafe droht – wenn überhaupt – wird er kooperativ, auch wenn er eindeutig Angst vor jemand anderem hat, den er für gut vernetzt hält und der ihn zusätzlich angestiftet hat.

Pers. Tagebuch: Der Senator hatte also den Techniker bestochen, um sich aus dem Lagerbestand eine geringe Menge an Gütern zu beschaffen – offenbar für eine Person, die ihm am Herzen liegt (später höre ich Gerüchte, es handele sich um seine Tochter, die Frau, mit der ich gesprochen habe?) Aber das kann ich nicht bestätigen und werde mich hüten, irgendetwas davon weiter zu tragen. Danach wurde der Techniker von jemand anderem ausgenutzt, der im größeren Stil Dinge gestohlen hat.

Jedenfalls nennt er endlich einen Namen und Javert macht sich an die öffentliche Aufklärung.

Pers. Tagebuch: Javerts großer Auftritt. Ich fühle mich an die großen Meisterdetektive der Literatur erinnert, an die Miss Marples, Hercule Poirots, Sherlock Holmes, die nach erfolgreicher Deduktion die Verdächtigen und Beteiligten in einem Salon um sich versammeln und ihnen in allen Details erklären, was vorgefallen ist, nebenbei zwei weitere, mindere Verbrechen oder Nachlässigkeiten und Skandale aufklären und schließlich, unfehlbar ihrem eigenen roten Faden folgend, auf den Schuldigen verweisen.

Eigentlich fehlt nur das Popcorn und wenn man unbedingt einen Kritikpunkt anbringen möchte, dann höchstens den, daß Lieutenant Javert einer nur allzu menschlichen Schwäche nachgibt: Sie weiß ganz genau, daß wir alle, einschließlich Senator und Adjutant an ihren Lippen hängen und ihren Ausführungen andächtig folgen, und sie genießt es sichtlich, uns alle erst einmal aufs Glatteis führen um dann umzuschwenken und wieder auf die Zielgerade zu gelangen.

Selbst der Senator erbleicht zwischendurch mehrfach.

Lucille Javert ist in ihrem Element. Es sei ihr gegönnt, auch den Herren Poirot und Holmes hat man stets ein diebisches Vergnügen an ihren eigenen Ausführungen angemerkt, Lucille ist also in bester Gesellschaft. Das Drama entwickelt sich bis hin zu seinem unabwendbaren Höhepunkt...in dem alle aus unserer Crew ahnen, daß der Schuldige kurz vor dem Ausrasten steht, weshalb jeder zusieht, daß er seinen Phaser in Griffweite hat.

Tadaaa! Tusch, Auflösung, geständiger Schuldiger, erleichterter Senator, wortgewaltiges Anbrüllen von Javert und dem Beschuldigten – und ich möchte am liebsten applaudieren.


Der beschuldigte Romulaner ist schlicht wütend, fühlt sich hilflos und hat Robin Hood gespielt. Die gestohlenen Güter gingen an diejenigen, die er selbst am Bedürftigsten hielt. Zumindest hat er sich nicht persönlich bereichert. Aber immerhin ist damit der Senator entlastet.

Pers. Tagebuch: …, der sich von Javert nur anhören muß, daß er wohl einer unverzeihlichen Schwäche nachgegeben hat, nämlich einem allzu milden Herzen, das ihn dazu verleitet hat, einer Person eine Decke und ein paar Extrarationen zukommen zu lassen. Ich glaube der Vorwurf des milden Herzens trifft ihn schwerer als alles andere. Juketh schaut drein, als ob ihn gerade ein Lastzug überrollt hätte. Ich will ein Photo machen, verdammt!

Der schuldige Romulaner rastet ziemlich aus. Überreizte Nerven, Hilflosigkeit, Heimweh und tatsächlich eine generelle Unzufriedenheit mit seinem Regime haben ihn dazu getrieben. Allerdings reagiert der Senator sehr ungehalten auf die Vorwürfe, die gegen das Regime gemacht werden. Und nachdem Javert noch klargemacht hat, daß auf Föderationsgebiet und bei Diebstahl von Föderationsgut kein Romulaner das Recht hat, einen Prozeß nach Romulanerart einzufordern und gegen den Senator nicht weiter ermittelt wird gibt es auch keinen Haftbefehl mehr.
Der Lagerleiter ist zwar überfordert, hat aber zumindest nicht in krimineller oder fahrlässiger Weise gehandelt. Weitere Hilfe, sowohl materieller als auch personeller Art, ist mit der anrückenden Flotte unterwegs.
Und wir können uns endlich verziehen, mit der Zusicherung des Senators, seine Schiffe zu schicken.

Zeitgleich war unser anderes Team bei den Klingonen erfolgreich – was genau da passiert ist, muß ich aber selbst noch den Logfiles entnehmen.

Das dritte Team hat Vorbereitungen getroffen, erstens den Asteroiden zu sprengen und die Medic hat gemeinsam mit Alo‘Renn, der cardassianischen Wissenschaftlerin, die wir bei unserer Begegnung mit der Wanderer getroffen haben, ein Projekt realisiert, die Borg zu verwirren. Das Projekt lief aber die ganze Zeit unter Geheimhaltung. Schließlich sollte die Information, was genau wir da treiben, keinesfalls zu den Borg gelangen, wenn einer von uns das Pech gehabt hätte, assimiliert zu werden.

Ein weiteres Briefing folgt. Wir haben die Unterstützung der benötigten Schiffe und die 5. Flotte der Föderation ist im Anflug.
Und wieder müssen mehrere Dinge gleichzeitig koordiniert werden.
Ein Team muß auf dem Asteroiden landen, sobald der koordinierte Angriff zu einer ausreichenden Schwächung des Schilds geführt hat, um beamen zu können. Kaum wurde das erste Loch in den Schild geschossen werden die Borg versuchen, es zu reparieren, daher wird unverzüglich ein zweites Loch geschossen werden – so lange, bis das Außenteam sicher zurück ist. Das Asteroidenteam muß sich anhand bereits ermittelter Hohlräume durch den Asteroiden nahe an den Kern bewegen und an den zuvor von McTavish und Biggarth ermittelten geeigneten Stellen Bohrungen vornehmen und Sprengsätze platzieren, die dann gemeinsam gezündet werden. Die genauen Berechnungen dazu müssen in Koordination mit Messungen vor Ort und mithilfe des Computers an Bord der Tereshkova gemacht werden, vorher ist das dank des Schildes unmöglich.

Die Schiffe der vereinten Flotten gehen in den Kampf gegen alles, was die Borg uns aus dem Transwarpgate entgegenwerfen werden und müssen standhalten, bis der Mond gesprengt und der Schild zusammengefallen ist. Dann muß das Tor zerstört werden und natürlich gegen diejenigen Borg standgehalten werden, die zu diesem Zeitpunkt schon da sind.
Die Klingonen bekommen einen Angriffsflügel, die Romulaner den anderen und die Föderation liegt als Puffer dazwischen für den Fall, daß eine Partei nicht an sich halten kann. Die Klingonen sind immer noch stinkwütend wegen der Eroberung der ehemaligen klingonischen Kolonie auf Nerandra 3 durch die Romulaner und sind gerade der Ansicht, daß es eigentlich eine prima Idee wäre, sie sich genau jetzt, da die Romulaner relativ hilflos sind, zurückzuholen. Ganz schlechtes Timing.
Aber irgendwie wurden sowohl Romulaner als auch Klingonen an ihrer Ehre gepackt und zur Kooperation bewogen.
Und dann bekommt das Außenteam noch einen Job – oh, habe ich es schon erwähnt? Ich bin wieder bei der Phaserremodulierung dabei.

Pers. Tagebuch: Wenn mich einmal meine Enkel fragen sollten, was ich eigentlich während des zweiten Eroberungsversuchs der Borg gemacht habe, bei welchen aufregenden Einsätzen ich dabei war, werde ich sagen können: Bei allen

Und wenn sie mich dann fragen, was ich Großartiges geleistet habe werde ich sagen können: Ich habe dafür gesorgt, daß die Krieger vorne immer genug Munition hatten. Wie die Kanoniere auf alten Schiffen.

Bis dahin glaube ich mir bestimmt selber, daß das eine bemerkenswerte Leistung war. Und wer hier jetzt glaubt, eine Beschwerde  zu hören: Hey, ich für meinen Teil wäre froh, wenn ich mich bei einem Borgangriff unter meinem Bett verstecken könnte. Aber das geht eben nicht.

Also schlucke ich den dicken Kloß herunter, der sich einmal mehr bildet, als das Team zusammengestellt wird und beschließe, mich ausschließlich auf das  zu konzentrieren, was ich leisten kann und darauf zu hoffen, daß von mir keine weiteren Heldentaten erwartet werden, wie  zum Beispiel plötzlich selber zu kämpfen, weil alle anderen nicht mehr können...Wer in einem Gefecht in dunklen, beengten Räumen schon mal versucht hat, einhändig einen Phaser aufzuschrauben, um einen kleinen Chip zu entnehmen, dabei mit drei anderen Phasern zu jonglieren und ständig frisch Rekalibrierte weiterzureichen und Verbrauchte entgegenzunehmen und nebenbei noch die Chips in dem kleinen Apparat per Daumenabdruck zu rekalibrieren – der weiß, daß das nur zu zweit geht, daß man sich besser nicht ablenken lassen sollte, daß man gelegentlich den Schützen zuschreien muß, daß sie ihre Phaser zurückgeben, denn nach spätestens zwei Schuß reagiert kein Borg mehr und ständig nur hofft, daß einem die gesammelten Chips nicht vor die Füße fallen und zertrampelt werden. Eigentlich bräuchte man fünf Arme. Obendrein klettert es sich nicht gut ohne Hände, wenn man vor Borg zurückweichen muß und versucht, auf Plateaus oder unter Vorsprünge zurück zu weichen.

Aber ich schweife ab und es klingt ein bißchen nach Gejammer...was ich eigentlich sagen wollte:


Die Medizin hat mit den Cardassianern zusammen fieberhaft an einem Geheimprojekt gearbeitet, wie bereits erwähnt. Was genau da zusammengerührt wurde werde ich auch erst später in den Logfiles nachlesen können aber bislang bekommen wir eine Anweisung, die den bevorstehenden Kampf mit den Borg...ähm...Javert würde sagen ‚interessant‘ macht. Ich würde sagen: ‚Habt ihr eigentlich noch alle Latten am Zaun?‘
Kurz und gut: Sie haben einen Stoff entwickelt, der über Injektion per Kampfstock in eine ungeschützte Stelle in einen Borg injiziert werden soll – der Borg muß diese Konfrontation allerdings überleben. Kein tödliches Phaserfeuer also – das einzige, was sie mit viel Glück ausschaltet. Wenn ein oder zwei Borg infiziert sind, sollte eine Kettenreaktion ausgelöst werden, die über 1-2 Minuten den ganzen Verband betreffen sollte und sie orientierungslos und kampfunfähig zurückläßt. Nur, daß wir diese zwei Minuten überleben müssen. Und ein Borg, der überleben muß, immer noch ein gefährlicher Borg ist.

Pers. Tagebuch: Merde!

Vermutlich handelt es sich um eine Art Virus für die Borg Nanosonden aber zu dem Zeitpunkt ist das ganz egal, wir sollen es ja nicht wissen. Später werde ich mir das aber gern genauer ansehen und von Sanders erklären lassen.

Bevor es losgehen kann müssen noch die Vertreter der Klingonen und Romulaner an Bord der Tereshkova eingeladen werden und ihnen der Plan mit allen dokumentierten Berechnungen und Möglichkeiten vorgelegt werden. Romulaner mögen es geordnet und lassen sich ungern auf Cowboynummern ein. Klingonen lieben Cowboynummern, denke ich, aber sie kommen sich ungern übervorteilt vor. Also ist absolute Offenheit das Gebot.
Zum Glück verzichten die Vertreter beider Flotten darauf, sich gegenseitig auf der Tereshkova anzugehen und endlich kann es losgehen.
Nur noch eine Trioxinjektion für das Außenteam, weil der Mond zwar über Atmosphäre verfügt aber über eine vergleichsweise Dünne und dann schließen sich die insgesamt 39 Schiffe (man beachte die historische Zahl!) zu einer Verteidigungslinie zusammen, während unser Außenteam sich um die Sprengung des Mondes kümmert.
Bange Minuten vergehen, während die erste Angriffswelle von Borgsphären erfolgt und der Schild unter dem Beschuß unserer Leute nur stückchenweise zusammenbricht, ehe wir endlich beamen können.
Je länger das alles dauert, umso größer ist die Gefahr, daß der erste taktische Kubus der Borg auftaucht und dann – sind wir verloren. So einfach ist das.

Wir beamen. Und beginnen, kaum vor Ort, mit den ersten Bohrungen. McTavish ist Geologe, er sucht die Stellen aus, gibt die Tricorderdaten an Biggarth auf der Tereshkova weiter, der berechnet den korrekten Vektor der Bohrung und Sprengung und Drake platziert die Sprengsätze. Counselor Rozhenko –

Pers. Tagebuch:  Ach sieh mal an, der ist irgendwie auch immer dabei, wenn es brenzlig wird, auch wenn das von seinem sonstigen Arbeitsplatz deutlich abweicht!

[OT: Iwan Rozhenko, mitten im Gefecht, (wieder einmal): „Ach Keira, hör doch, sie spielen unser Lied!“]


übernimmt es, die Daten zu übermitteln, was nicht leicht ist, die Kommunikation ist aufgrund der Dichte des Asteroidengesteins störanfällig. 

Sechs Bohrungen sind für die Sprengladungen vorgesehen. Was wir erst später erfahren: McTavish kann stellenweise die Gesteinsdichte nur aufgrund von Erfahrungswerten schätzen, Biggarth seinerseits benutzt bei unverständlichen Datenpaketen reine, weiterentwickelte Statistiken um seinerseits Vektoren zu ermitteln. Was auch immer die zwei da treiben – es funktioniert.
Aber wir begehen einen taktischen Fehler. Wir setzen unsere ersten Sprengsätze auf dem Weg ins Innere des Asteroiden ab, aber schon nach kurzer Zeit fällt McTavish auf, daß der erste Sprengsatz bereits wieder offline ist.
Die Borg müssen unsere Anwesenheit bemerkt und die Sprengsätze gefunden haben. Wir müssen zurück und sie reaktivieren. Und es kommt zur ersten Konfrontation. Unsere Security, bestehend aus Javert, Kane, Strakovich und Kassabyan mit Rozhenko als Verstärkung versucht, die Injektion in den Borg zu applizieren, aber das ist im Nahkampf alles andere als einfach gegen die teils schwer gepanzerten Drohnen. Nach dem Rückschlag dieser ersten Welle, ohne, daß es uns gelungen ist, die Injektion anzubringen wird der Plan geändert. Wir werden auf direktem Weg ins Innerste vordringen, auf dem Weg nur die Bohrungen machen und erst auf dem Rückweg die Sprengsätze schnell platzieren und aktivieren, damit den Borg keine Zeit mehr bleibt, sie auszuschalten.
So hoffen wir.
Die nächste Angriffswelle erfolgt kurz vor unserem Zielpunkt. Kassabyan und Kane werden von den Borg assimiliert und verfallen wieder in die bekannte Starre, weshalb ich Kane aus dem Weg an eine der Höhlenwände zerre und da abstelle. Vorne entbrennt ein erbitterter Kampf, wobei es unseren Leuten endlich gelingt, zwei der Borg mit den Stöcken die volle Ladung zu verpassen. Danach heißt es standhalten, während die ersten Sprengladungen aktiviert werden und die Zeit zu überbrücken, ehe der erste Borg beginnt, Zeichen von Funktionsstörungen zu zeigen. Ich und Newton machen derweil die ganze Zeit den gefühlt dämlichsten aber notwendigsten Job aller Zeiten und tauschen Phaserchips aus und laden Injektionsstöcke wieder auf, bis die Munition alle ist. Bis dahin habe ich das Gefühl, daß Javert mit Klauen und Zähnen vorne auf die Borg losgeht. Sehen kann ich es nicht, ich habe alle Hände voll zu tun und versuche nebenbei vor den Borg zu fliehen. Schließlich könnte ich sie maximal mit Phaserchips bewerfen.

Pers. Tagebuch: Klingt, als würde ich blöde Sprüche klopfen. Tatsache ist: Ich hab Schiß! Ich fühle mich komplett wehrlos und es sind einfach wieder viel zu viele. Und sie sind so verflucht unheimlich. Falls jemand diese alten, idiotischen Filme aus dem späten 20. Jahrhundert kennt, mit untoten Zombies, die die Gehirne von Menschen fressen wollen, so ähnlich fühlt es sich an, den Borg gegenüber zu stehen!

Endlich beginnen die Drohnen zu zucken, sich zu drehen, unkoordiniert um sich zu schlagen, hinzufallen und wie makabre, riesige Käfer, die man mit Insektizid besprüht hat, hilflos rudernd und zuckend auf dem Rücken liegen zu bleiben. Kassabyan und Kane können rausgebeamt werden, auf die Krankenstation, wo man ihnen die Borgnanosonden wieder entfernt (nicht ohne, daß die beiden auch unter dem Einfluß der Veränderung stehen und sich schlicht aufführen, als wären sie komplett besoffen). Und wir machen, daß wir da rauskommen, zurück zum Ausgangspunkt, und aktivieren die Sprengsätze.


Zurück auf der Tereshkova verbannt uns keiner von der Brücke. Wir werden Zeugen des Kampfes, sehen wie der Mond durch die Sprengungen in seine Einzelteile zerfällt, wie der Schild bricht und wie unsere Flotte im vereinten Kampf gegen die Borg dann auch noch das Transwarpgate sprengt. Die Brückencrew leistet Herausragendes.
Als das Transwarpgate endlich zusammenbricht scannt das Schiff Kubustrümmer zwischen all dem anderen Schrott. Wie es scheint war der taktische Kubus gerade dabei, das Tor zu passieren, als es zusammenbrach. Das war in letzter Sekunde. Knapp. Zu knapp.
Bin ich müde.
In den nächsten Minuten – es könnten aber auch Stunden sein - werden die Verluste gezählt. Zwei komplette Schiffscrews wurden assimiliert und ihre Schiffe zerstört. 15 Schiffe insgesamt haben wir verloren. Die Verluste bewegen sich irgendwo im niedrigen vierstelligen Bereich.

Pers. Tagebuch: Wie ich diese nüchternen Zahlen hasse...Wenn ein Admiral von einem niedrigen vierstelligen Bereich spricht, hört sich das nach gar nichts an. Aber wenn man sagen würde: Die Einwohnerschaft einer kompletten Kleinstadt wurde restlos ausgelöscht, dann klingt es plötzlich doch nach mehr Verlust als vertretbar ist. Es ist alles zu viel. Das Adrenalin ebbt ab und hinterläßt knochentiefe Erschöpfung. Da kommt mir die Ankündigung nach Captain Hunters offiziellem Lob gar nicht recht. Es soll noch in Kürze ein Empfang für die Verbündeten hier an Bord stattfinden. Wir sollen uns herrichten, uns erwartet ein gemeinsames Abendessen, der Besuch von Admiral Beauvoir und diplomatischer Umgang mit den Gästen.

Ich will in eine Badewanne. Mit Kerzen und Musik und einem Glas Wein. Nichts sonst. Verdammt.

Lucille muß auch müde sein. Aber sie ist auch euphorisch. Nur so erklärt es sich, wieso sie nach unserer erfolgreichen Rückkehr gegenüber McTavish und Biggarth losläßt: „Ich brauche nur den richtigen Mann oben und den richtigen Mann unten, dann läuft das!“, begleitet von einer Handgeste, bei der sie die Faust der einen Hand in die Handfläche der anderen schlägt – was in diesem Fall so absurd zweideutig wirkt und klingt, daß es bei den beiden Angesprochenen für hysterisches Gelächter sorgt.

Wir müssen wohl alle noch ein bißchen durchhalten. Während ich meine Crew so betrachte kommen wieder die Gedanken an eine bevorstehende Trennung auf, jetzt, wo die Columbia zerstört ist. Und ich habe noch absolut keine Ahnung, was ich machen soll.

Captain Hunter schließt seine Ansprache mit der Ansage: „Wehe, ich erfahre, daß Gallagher wieder auf den Beinen ist, ein neues Schiff bekommt und Sie keine Versetzung zu ihm beantragten. Außer natürlich, Sie wollen zu mir.“


Captain Gallagher taucht mit O‘Connor im Schlepptau wieder auf. Noch etwas wackelig und blaß aber zumindest implantatfrei und wieder er selbst. Er bedankt sich für seine Rettung aber auch dafür, daß wir sein persönliches Wohlergehen explizit nicht an erste Stelle gestellt haben, sondern zuerst an die Mission und die Mannschaft gedacht haben.

Pers. Tagebuch: Eine paar Schweigeminuten später, überbrückt mit einem Lied, einem Schwanengesang auf unsere alte Columbia, müssen ein paar Tränen verdrückt werden. Zum ersten Mal heule ich nicht mit. Ich glaube, ich bin einfach zu fertig. Und ich habe seit den Zusammenstößen mit den Romulanern genug geheult. Ich glaube seit mich das letzte Mal wirklich privat etwas bekümmert hat. Das hier ist zu groß, um privat zu sein und vielleicht löse ich mich deshalb nicht in ein Bündel Elend auf. Es kommt mir so abgrundtief sinnlos vor, wegen eines Schiffs zu weinen, obwohl der Verlust von Milliarden Leben zu beklagen wäre.

Verdammt, ich glaube ich kann mich auf die Warteliste für den Counselor setzen lassen. Keine Ahnung ob ich mich noch normal verhalte. Es fühlt sich immer noch so an, als wäre das alles sehr weit weg und irgendwie irreal.


Admiral Etienne Beauvoir ist ein sehr gewandter Staatsmann und beehrt sogar mich mit einem Gespräch – wie auch viele andere. Damit schafft er es, daß sich jeder von ihm wichtig genommen fühlt. Er läßt sich von mir beschreiben, was das Außenteam genau gemacht hat und fragt mich anschließend nach meinen Zukunftsplänen...zu Letzterem kann ich nicht viel sagen. Ich weiß es einfach nicht. Es kommt auf so vieles an. Ich hatte mich kurz davor schon mit Nabaar zu diesem Thema unterhalten. Ich könnte auch in einen zivilen Beruf zurück. Ich könnte endlich meine Doktorarbeit fertigschreiben. Ich möchte auf kein größeres Schiff. Die Leitung der Wissenschaft hat mir mit meinen Leuten Freude gemacht – ich möchte ungern wieder als kleines Licht in einem großen Team unter jemand anderem arbeiten.

Persönliches Tagebuch:  Ehm, ja…Der Admiral ist leider genau die Sorte väterlicher Typ, die einen dazu bringen sein ganzes Herz vor ihnen auszuschütten – was mir dann auch prompt passiert. Ich muß mich dafür entschuldigen, ihn derart zu belästigen aber er ist auch Führungskraft genug, um meine Entschuldigung abzuwürgen und mir stattdessen zu empfehlen, meine Doktorarbeit zu beenden – dafür sei es niemals zu spät. Und er sichert mir zu, daß er persönlich alles daransetzen wird, daß es eine nächste Columbia geben wird, die unter Captain Gallagher fliegt und daß jeder von dieser Crew, der sich dafür bewirbt, dort einen Platz haben wird. Ein schöner Traum. Eine Zukunft, mit der ich mich anfreunden könnte. Vielleicht sogar als Offizier…

 „Nach müd kommt blöd“, pflegte meine Granny zu sagen. Ich ziehe mich mit McPherson zurück, um zumindest ein bißchen zu singen, wenn auch mein Klavier mit der Columbia hochgegangen ist. Requiescat in pacem. Es wird ein Neues geben. Wir verpassen dadurch den Trauergesang der Klingonen um ihre Gefallenen. Pech. Aber wir finden auch ein bißchen Ruhe.

Erkenntnis des Abends Nr. 1: Chief Köhlers Ambitionen einer Gaghzucht im nordischen Wattenmeer wird vermutlich scheitern, auch wenn der Name ‚Watt‘nGagh‘ vielleicht sogar markttauglich wäre.

Erkenntnis des Abends Nr. 2: Klingonen machen mir Angst. Besonders weibliche, angetrunkene, rollige Klingonenweibchen, oder wie man sonst auch die Brunst dieser Spezies nennen will.

Nachdem sie Kane weggezerrt hat, der danach nicht mehr auftaucht und McTavish das nächste Opfer ist – wobei der nicht aussieht wie ein Opfer – fixiert sie sich auf mich und ich verdanke es nur Nabaar, die mir anbietet, mich direkt auf das Quartier zu beamen, daß ich ihren Klauen (und Zähnen! Uah, und was für Zähne!) entkomme. Auch wenn Captain Hunter persönlich sich nicht zu schade ist, mir in seiner Feierlaune in Erinnerung zu rufen, wie wichtig die diplomatischen Beziehungen zu unseren Verbündeten sind. Soll er sich doch auf dem Altar der klingonischen Beziehungen opfern! Genau wie der Rest der gackernden Belegschaft.

Erkenntnis des Abends Nr. 3: Manchmal wird Diplomatie wirklich überbewertet. Geht doch alle sterben! Ich gehe schlafen.


Die Crew hat Urlaubspläne. Sechs Wochen wurden uns zugebilligt. Etliche werden die Zeit auf Risa verbringen aber ich habe gerade absolut keine Lust auf künstliches Wetter und den ewigen Traum vom Paradies. Ich will ein bißchen Erdenrealität. Mit Regen, Kälte, wechselnden Klimazonen und allem, was dazugehört. Vor allem Bodenständigkeit. Und ich scheine nicht die einzige zu sein. McPherson spricht von Lammeintopf auf Irland, Iwan, also Counselor Rozhenko, möchte nach Sibirien, mich packt eine gewisse Sehnsucht nach Frankreich und dem Great Barrier Reef. Kassabyan war noch nie dort – ich denke, wir werden zusammen dort tauchen gehen. Vielleicht besuche ich noch meine alte Primatenforschungsstation auf Sumatra. Sechs Wochen Ruhe. Sechs Wochen, in denen ich Zeit habe, mir klarzuwerden, was ich eigentlich will.
Und ich werde diese verflixte Doktorarbeit wieder herauskramen.

Privates Tagebuch: Ich muß aus dieser Wanne raus. Meine Finger sind komplett verschrumpelt und die Kerzen sind heruntergebrannt. Schlafen hört sich nach einem sehr guten Plan an. Aber zuerst noch eine letzte Überprüfung...na endlich. Da tauchen sie auf den Listen der Geretteten auf.

Andrea Weber und ihre kleine Tochter, aufgefunden in den Höhlen von Minos, Planquadrat 13/2. Dort wo ich sie vermutet habe. Sie sind nicht vergessen worden und ihnen ist nichts weiter geschehen. Ich habe sie nie gesehen und werde sie vermutlich nie zu Gesicht bekommen, aber jetzt, da ich weiß, daß die ältere Tochter sich von der Assimilierung erholen wird und zumindest die Mutter mit ihren Töchtern wieder vereint ist habe ich das beruhigende Gefühl, daß es wenigstens ein kleines Happy End gegeben hat. Und es ist mir völlig egal, ob mein Nachtreten das bewirkt hat oder nicht. Hauptsache, es ist so. Das fühlt sich so gut an, daß ich jetzt vermutlich gut schlafen werde.